Schmuckstück der Toskana – Massa Marittima

Posted on Feb 20, 2012 In Artikel Reisen
Toskana3

Massa Marittima ist eine Stadt in der Toskana in Italien. Das mittelalterliche Städtchen in der Provinz Grosseto hat 9000 Einwohner und liegt in 380 m Höhe auf einem Hügel über der Ebene der Maremma. Die Gegend um Massa Marittima – allerdings nicht nachweislich der Hügel selbst – war schon in etruskischer und römischer Zeit besiedelt. Bereits in der Antike wurden die Bodenschätze der sich nördlich erstreckenden Hügelkette Colline Metallifere (Kupfer, Silber, Eisenerz) abgebaut.

Der Name geht möglicherweise auf das antike Landgut Massa Veternensis zurück, dessen genaue Lage nicht mehr nachvollziehbar ist. Der Beiname Marittima, den Massa erst im Mittelalter erhielt, bedeutet nicht, dass die Stadt an der Küste gelegen wäre, sondern kennzeichnet den Ort als zur Maremma gehörig, der früher mit dem Thyrrenischen Meer verbundenen Sumpfland-schaft, die in römischer Zeit Maritima Regio hieß. Ihre Gründung und ihren Aufstieg verdankt die Stadt der Verlegung des Bischofssitzes von Populonia im 9. Jahrhundert. Griechische Piraten hatten Populonia zerstört, und der Bischof floh mit den Gebeinen des Heiligen Cerbonius auf diesen Hügel.

Gegen den Widerstand der Feudalherren vom Geschlecht der Aldobrandeschi und der Bischöfe von Roselle (Toskana) erklärte sich Massa 1225 zur autonomen Republik. Ihre Selbständigkeit konnte die Stadt über mehr als ein Jahrhundert bewahren. Sie lebte hauptsächlich vom Bergbau und erließ das erste Berggesetzbuch der Welt. Wegweisend war auch die Verwendung des Kompasses, dessen Einsatz als Orientierungshilfe in den Bergwerken von Massa bereits im 13. und 14. Jahrhundert belegt ist. 1335 wurde die Stadt durch Siena erobert und teilte fortan das Schicksal dieser Republik: 1555 Eroberung durch Florenz, 1569 Eingliederung in das Großherzogtum Toskana, das ab 1737 zum Herrschaftsbereich der Habsburger gehörte und 1860 im italienischen Nationalstaat aufging.

Mit ca. 10.000 Einwohnern war Massa Marittima als selbstständiger Stadtstaat ein bedeutendes Wirtschaftszentrum. Die von den umliegenden Sümpfen her um sich greifende Malaria dezimierte aber die Bevölkerung bis zum 16. Jahr-hundert auf etwa 500 Einwohner. Erst das von den habsburgischen Groß-herzögen der Toskana im 18. und 19. Jahrhundert initiierte Rekultivierungs- und Entwässerungsprogramm der Maremma (la bonifica) brachte eine Wende. Die stillgelegten Bergwerke wurden um 1830 revitalisiert, und die Bevölke-rungszahlen stiegen wieder. Im Jahr 2000 hat Massa Marittima wieder unge-fähr die gleiche Einwohnerzahl wie in den Zeiten um 1300 erreicht. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts war der Bergbau die Haupteinnahmequelle der Stadt. Heute sind die unrentabel gewordenen Minen geschlossen, ein Stollen wurde 1980 zum Museum umfunktioniert und der Tourismus ist heute der vorrangige Wirtschaftsfaktor.

Die Stadt ist Mitglied der Cittaslow, einer 1999 in Italien gegründeten Bewegung zur Entschleunigung und Erhöhung der Lebensqualität in Städten.

Die Stadt Massa Marittima gliedert sich in die historische Unterstadt (= Altstadt, Città Vecchia) sowie die Oberstadt (= Neustadt, Città Nuova), die im Wesentlichen die Wohnviertel der ehemaligen Bergarbeiter ausmacht.

Unterstadt
Kernstück der Unterstadt ist die Piazza Garibaldi mit Dom San Cerbone, Palazzo Podestà (13. Jh., heute Archäologisches Museum), Palazzo Comunale (um 1250 begonnen, mehrfach verändert), ältester Teil ist der Gefängnisturm Torre del Bargello, benachbarte Gebäude wurden später errichtet und einge-bunden, Casa dei Conti di Biserno, bis 17. Jh. Bischofspalast, ehe die Bischöfe in ein neues Gebäude neben dem Dom einzogen, Loggia del Comune aus dem 14. Jh. (erneuert und durch ein Obergeschoss erweitert im 19. Jahr-hundert) sowie Palazzo Pannocchieschi. Von diesem zentralen, dreiecks-förmigen Platz geht die Flaniermeile Corso della Libertà mit zahlreichen, teilweise stark veränderten mittelalterlichen Adelspalästen, heute Geschäfte, Cafés und Restaurants beherbergend, aus. In dieser Straße befindet sich auch das Geburtshaus des Franziskaners Bernhardin von Siena.

Oberstadt
Nach der Eroberung des Stadtstaates 1335 befestigten die Sienesen
Massa Marittima. Der schon unter den Massetanern vorhandene, massive quadratische Wehrturm (Torre del Candeliere) wurde dabei mit den neuen Bastionen durch einen 22 m großen gotischen Bogen (den so genannten Arco Senese) verbunden. Die Festung – soweit nicht unter den Habsburgern im 18./19. Jahrhundert abgerissen – ist begehbar; der Turm kann bestiegen werden und eröffnet eine weite Aussicht über die Stadt. Von der sienesischen Stadtbefestigung stehen im Übrigen noch drei Tore: Im Norden die Porta San Rocco, im Süden die Ports al Salnitro sowie im Osten die Porta alle Sicili.

Weitere Sehenswürdigkeiten der Oberstadt:

  • Piazza Matteotti mit ehemaligem Waffenarsenal (Palazzetto degli Armi, 14. Jh., heute ein Museum für die Geschichte des Berg-baus)
  • Ölmühlen-Museum (Antico Frantoio) mit Olivenpresse aus dem 18. Jh.
  • Bergwerkmuseum in einem 700 m langen Stollen, mit Arbeitsgeräten und Mineraliensammlung
  • Augustinerkirche, eine 1273 begonnene Hallenkirche mit polygonaler Apsis nach den Plänen von Domenico di Agostino, einem Kreuzgang aus dem 15. Jh. und Campanile von 1627, angrenzend das nur noch teilweise erhaltene romanische Bethaus San Pietro all’Orto mit sienesischen Freskenresten aus dem
    Leben des Hl. Nikolaus von Tolentino
  • Franziskanerkirche außerhalb der Stadtmauern, 13. Jh. datierend, stark verändert.

Fest der Einheimischen und Touristenattraktion: Armbrust-Wettschießen
Zweimal jährlich, d.h. Sonntags nach dem 20. Mai zu Ehren des Hl. Bernhardin von Siena sowie am zweiten Sonntag im August (an oder nach Mariä Himmel-fahrt) findet ein dem sienesischen Palio an Inhalt, Größe und Bekannt-heitsgrad nicht vergleichbares, von der Idee her (Wettstreit der historischen Stadtteile untereinander) jedoch analoges Spektakel statt, das historische Armbrustschießen (Balestro del Girifalco). Eröffnet wird das Fest durch einen Umzug von 150 Personen in historischen Kostümen und einer Demonstration der Fahnenschwinger (sbandonieri). Die Kernzeremonie besteht darin, dass 24 Armbrustschützen (8 pro Stadtteil/terziera, d.h. Cittàvecchia, Cittànuova und Borgo) aus einer Distanz von 36 m auf das Herz eines künstlichen Falken (ein Stück Holz von 12 cm Durchmesser) zielen müssen; der Falke symbolisiert den Feind. Es gewinnt der Stadtteil, dessen Schützen die meisten Treffer bzw. besten Annäherungen erzielen.

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